Atomausstieg, Klimaerwärmung, Emmissionshandel, CO₂, Klimaprotokolle, ENERGIEWENDE… Von Finanzkrise, Rettungsschirm, Griechenland und Co. mal abgesehen, sind das die beherrschenden Themen unserer Zeit. „Doch wer „wendet“ eigentlich die Energie?“, fragt Andreas Bader.
Nach seinem Abitur 2005 studierte er Elektrotechnik an der TU München. Nach seinem Abschluss als Diplom Ingenieur machte er bei E.ON ein „Graduate Trainee Engineering“. Dies führte ihn von Fürstenwalde über Düsseldorf bis nach Singapur und zurück nach München. Nun entlässt E.ON jedoch 15.000 Mitarbeiter und fängt dabei von unten an. Der Grund dafür ist die artistische Meisterleistung der Bundesregierung in der Atompolitik. Ab Mitte Dezember 2011 handelt Andreas Bader wieder Strom an der Düssledorfer Börse, diesmal jedoch für ein skandinavisches Unternehmen. Nun fragt er sich, was hinter der Energiewende noch steckt, außer der Atomausstieg und dem darauf folgenden Abbau des Nachwuchses bei E.ON.
Mit diesem Wissen aus erster Hand kann Andreas sagen: „Atomkraft ist tot!“ Doch er erklärt, dass das nur für die Kernspaltung gilt; die Kernfusion geht munter weiter. Die ist zwar nicht so gefährlich, aber Atomkraft ist das eigentlich trotzdem. Doch es geht ja um die Energiewende. Also zeigt Andreas Bader seinem versammelten Publikum die verschiedenen Arten der Wende.
Ein Weg wäre die „Smart Energy“. Windkraftanlagen sind dabei mit Photovoltaikanlagen auf Gebäudedächern und Stromautos verbunden. Alle Daten werden in einer zentralen Recheneinheit gesammlet und verarbeitet. Wenn also am einen Ende der Stadt kräftiger Wind weht, der meiste Strom jedoch am anderen Ende verbraucht wird, leitet man gespeicherten Strom vom einen zum anderen Ende und braucht die Windräder nicht aus dem Wind zu drehen. Gute Idee, aber theoretisch könnte der Stromversorger auch den Strom aus den Autos nehmen und „eine Hochschwangere geht zum Auto und merkt: Mist, der Stromversorger war gerade da!“
Ein Problem dabei ist jedoch, die Natur. Diese hält sich nicht daran, wie viel Strom wir brauchen. Wenn die Sonne scheint, gibt’s Strom und wenn der Wind weht, gibt’s auch Strom. Und was machen wir, wenn kein Wind weht und keine Sonne scheint? Dann gibt’s keinen Strom! Man müsste ihn speichern, doch nur Pumpspeicherwerke können so gewaltige Mengen Energie wirklich speichern. Aber dafür gibt es in Deutschland einfach keinen Platz!
Selbst wenn dieses Problem gelöst wäre, gibt es da noch die unkonstante Stärke des Windes. Der Energiegewinn aus Solarzellen entspricht einer Kurve, die morgens ansteigt, mittags ihen Höchststand hat und dann wieder abfällt. Der Gewinn aus Windkraftanlagen gleicht hingegen dem Zittern eines Menschen bei etwa -20°C. Um diese Schwankungen auszugleichen würde man Kraftwerke mit konstantem Energiegewinn benötigen, aber die Reaktionszeit ist zu knapp. Im einen Moment benötigt man mehr Strom, weil kaum Wind weht und im nächsten hat man einen Überschuss. Die Kraftwerke benötigen jedoch Stunden zum Hochfahren und so muss man, wie Andreas Bader es in Düsseldorf auch tun wird, Strom „einkaufen“ und alles zusammen bedeutet nur eines: Stress!
Und da tritt auch gleich das nächste Problem in den Weg. Die Reportage „X3“ vom NDR berichtet, was Deutsche zum Thema Energiewende sagen, wo man diese durchführt und wo man zum Beispiel neue Starkstromleitungen und Windparks bauen kann. Wo das ist? Überall! Der Deutsche findet die Energiewende toll! Naja, zumindest solange, wie man selbst nichts davon sieht. Wenn 100 Meter vor dem Haus ein Windrad steht, ist die Wende natürlich echt schlimm. Dann will man natürlich vor das Oberste Gericht für Menschenrechte ziehen, weil die Schwingungen ja richtig gefährlich sind: Wenn man einen Spaten in seinem Garten in die Erde sticht, vibriert er! Nicht umsonst dauert es 20 Jahre vom Antrag bis zur Genehmigung einer Hochspannungsleitung. Wenn die Wende in der Nähe des eigenen Wohnortes, der Arbeitsstelle, dem Weg zur Arbeit, der Verwandten, der Bekannten, der Freunde oder des nächsten Urlaubsortes stattfindet, dann ist die Wende schlimmer als der Kapitalismus für einen Kommunisten.
Da schütteln die meisten Bürger den Kopf und wimmern: „Die sind doch völlig verrückt; total bescheuert!“ Doch nach Andreas Baders halbstündigem Vortrag versuchen wir mal ehrlich zu sein: „Was wären wir bereit beizusteuern?“ Herr Brode geht mit gutem Beispiel voran und baut bald eine Warmwasseranlage auf sein Dach, die das Wasser mit Sonnenlicht wärmt. Doch auch er sagt, er hätte das wahrscheinlich nicht vorangetrieben, wenn es nicht Zuschüsse vom Staat gäbe. Am Ende der 1½-stündigen Diskussion kann man sagen, dass die Energiewende wohl nur nach dem Schema „Augen zu und durch“ erreicht werden kann. Ins Gewissen reden hilft bei unserem Luxus nichts. Man muss die Treibstoffpreise stark erhöhen, damit mehrere Leute ihre Autos stehen lassen. Man muss bestrafen, wenn die Energiewende verhindert wird, anstatt zu belohnen, wenn sie begünstigt wird. Ein bisschen Geld bekommen zieht nur wenige an, aber Geld verlieren stößt dagegen umsomehr ab. Andreas Bader hat in der Auswahl seines Themas die Psychologie fast aller Deutschen widergespiegelt:
Energiewende? Ja danke! Aber ohne mich!
Danke an Andreas für dieses interessante Cantorforum.
Nikolas Weigt 2011