Wie kann die Chemieindustrie nachhaltiger gestaltet werden? Das ist die zentrale Frage, mit der sich das CTC (Center for the Transformation of Chemistry) beschäftigt. Die 2023 ins Leben gerufene Forschungseinrichtung hat die sich zum Ziel gesetzt, die Umgestaltung der Chemie zu einer Kreislaufwirtschaft voranzutreiben.
In der vorletzten Woche des vergangenen Schuljahrs hatten wir, als Chemie Leistungskurs von Frau Bernhardt, erstmalig die Möglichkeit ein Praktikum am Standort in Merseburg durchzuführen. Der Schwerpunkt lag dabei auf dem Recycling von Kunststoffen.
Nach einer kurzen theoretischen Einführung startete das Praktikum mit einer Versuchsreihe zum Erkennen von Kunststoffen. Um sie voneinander zu unterscheiden, haben wir die Proben auf Dichte, etwaige Flammfärbung und beim Erhitzen entstehende Schwelgase untersucht.
Beim nächsten Versuch ging es um Kunststoffextrusion. Das ist ein Verarbeitungsverfahren für Thermoplaste, bei dem das Ausgangsmaterial erhitzt, durchmischst und durch eine Düse gedrückt wird. Dabei konnten wir viele Parameter verändern, sodass neue Kunststoffe mit teilweise sehr verschiedenen Eigenschaften entstanden. Zum Beispiel haben wir den Anteil an beigemischten organischen Fasern variiert.Um quantitativ zu bestimmen, wie sich das auf Zähigkeit und Festigkeit des Kunststoffs auswirkt, fanden am nächsten Tag mehrere Versuche zur Materialprüfung statt. Dazu haben wir zunächst selbst Prüfkörper im Spritzgussverfahren hergestellt.Im Anschluss daran fanden ein Zug- und ein Biegeversuch statt. Die Prüfkörper wurden über ihre Belastungsgrenze hinweg deformiert und die benötigte Kraft gemessen. Daraus lassen sich Rückschlüsse auf die Materialeigenschaften und mögliche Anwendungen ziehen. So etwa wie groß der Anteil an nachwachsenden Naturfasern sein kann, ohne die Qualität signifikant zu beeinträchtigen.
Von Mittwoch bis Freitag ging es um das chemische Recycling von PET, ein Kunststoff aus dem beispielsweise Einwegflaschen bestehen. Wie alle Kunststoffe (Polymere) besteht PET aus Ketten sich wiederholender Grundeinheiten (Monomere). Zur Wiederverwertung müssen die Bindungen zwischen den einzelnen Monomeren aufgespalten werden. Danach können sie wieder zusammengesetzt und neue Produkte hergestellt werden.
Wir konnten dazu zwei unterschiedliche Verfahren ausprobieren: Die Glycolyse und die basische Hydrolyse.
Ausgangsmaterial war eine herkömmliche Plastikflasche. Diese haben wir zunächst in kleine Streifen geschnitten. Die Schnipsel werden danach in einem Kolben gefüllt und durch Zugabe von Glykol bzw. Natronlauge die Depolymerisierung gestartet.
Des Weiteren gab es einen Vortrag über vollständig recycelbare Kunststoffe. Viele der heute gebräuchlichen Kunststoffe haben das Problem, dass sie nur begrenzt wiederverwendbar sind. Einige Polymerketten werden bei jedem Erneuerungsprozess beschädigt. Damit die Qualität des Produkts nicht nachlässt, muss neuer Kunststoff beigemischt werden. Auf lange Sicht ist so das Problem mit schwindenden Ressourcen und wachsenden Müllbergen nicht gelöst. Das Start-up Aevoloop möchte daran etwas ändern. Zusammen mit dem CTC arbeiten sie an einem unbegrenzt oft wiederverwendbaren Kunststoff. Die grundlegende Idee besteht darin, auf molekularer Ebene Sollbruchstellen einzubauen. An denen kann der Kunststoff gezielt chemisch aufgebrochen werden. Wie Bausteine werden diese Einheiten dann wieder zusammengefügt. Auf diese Weise wird das Material nicht anderweitig beschädigt. Theoretisch wäre dieser Kunststoff unendlich oft recycelbar. Erste Testversuche laufen bereits. Und auch wenn auf diesem Gebiet noch viel Forschungsarbeit betrieben werden muss, so zeigt das Projekt, was möglich ist.
Insgesamt war die Praktikumswoche äußerst interessant und schülerfreundlich gestaltet. In nur einer Woche erhielten spannende Einblicke in Materialwissenschaften, Verfahrenstechnik und laufende Forschungsprojekte. Aus Schülersicht dankbar war, dass und viel Arbeit abgenommen wurde. Alles Wichtige zum chemischen Hintergrund, Durchführung oder Geräten war in einem Informationsheft zusammengefasst. Aber viel wichtiger: Uns stand permanent ein kompetenter und vor allem freundlicher Ansprechpartner im Labor zur Verfügung.
Wir möchten uns beim Team des CTC, namentlich Dr. Grell und Herr Lange und beim Schülerlabor der Hochschule Merseburg (Dr. Dressel, Prof. Langer und Prof. Krabbes) für dieses besondere Praktikum bedanken.